Festansprache von Isidor Huber

Festansprache von Isidor Huber

Liebe Musikantinnen und Musikanten des Musikvereins Blauen

Liebe Gäste

100 Jahre Musikverein Blauen – ein solches Jubiläum ist einmalig!

100 Jahre Musikverein Blauen – das ist eine Wegmarke, ein Moment, den wir zu Recht feiern. Es ist mir deshalb eine ganz besondere Ehre, an dieser Feier zu Ihnen, liebe Musikantinnen und Musikanten und auch zu Ihnen, liebe Gäste, sprechen zu dürfen.

100 Jahre Musikverein Blauen, das ist nicht einfach die Geschichte irgendeiner Interessensgruppe oder eines Hobbyclubs. Das Jubiläum verweist vielmehr auf 100 Jahre Dorfgeschichte oder zumindest auf 100 Jahre Geschichte über die Rolle der Musik in unserem Dorf.

Ich möchte meine Rede in 3 Teile aufgliedern:

1)    Ouverture: Gedanken zu unserem Verhältnis zur Musik

2)    Mittelteil: Ein paar Delikatessen aus der Geschichte des Musikvereins Blauen

3)    Finale: Bedeutung des Musikvereins Blauen für das Dorf

Unser Verhältnis zur Musik ist wesentlich tiefer, als wir es wahrnehmen. Wir sind von der Musik geprägt, und diese Prägung geschieht nicht nur dann, wenn wir bewusst Musik hören. Das beginnt schon viel früher!

Wenn wir ein kleines Kind in den Schlaf wiegen wollen, dann klappt das am besten, wenn wir dazu ein eingängiges Schlaflied summen. Als kleiner Bub war ich hin und weg, wenn mein Vater auf seiner Militärtrompete spielte. Die Entdeckung des Plattenspielers bei meiner Tante war für mich reine Magie. Seit ich denken kann, wäre zudem eine Weihnachtfeier ohne Gesang und Musik wie ein Frühling ohne Singvögel: eine unvorstellbar triste Sache. Ja, die Musik prägt und begleitet uns unser Leben lang. Sie ist sogar dort vorhanden, wo sie viele von uns nicht direkt suchen. Nämlich in unserer Sprache.

Man sagt manchmal, dass einer von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, dass er aber immer die erste Geige spielen wolle und dabei den Ton selten treffe. Meistens reden wir dann nicht von Musikern. Schon eher von öffentlichen Personen, Möchtegern-Politikern, Managern oder gelegentlich auch von Gymirektoren.

In solchen Fällen reden wir zwar nicht direkt von der Musik. Wir gebrauchen aber Ausdrücke aus der Musikwelt. Alle kennen diese Ausdrücke, die sich aber grundsätzlich auf etwas ganz Anderes beziehen.

Wenn jemand etwas laut ausposaunt, wenn jemand am Stammtisch so richtig auf die Pauke haut – und dann zuhause nach der Pfeife seiner Frau tanzt – wenn jemand von einem gelungenen Auftakt redet, oder von einem bösen Nachspiel (vom Vorspiel rede ich hier lieber nicht, und zwar aus Taktgründen!), dann brauchen wir in unserer Sprache Begriffe aus der Musikwelt. Begriffe, die allen klar sind, auch jenen, die selber nicht musizieren.

Sehr oft bezeichnen solche Anspielungen auf die Musik Dinge, die das Zwischenmenschliche, unsere Beziehungen angehen. So sagt man auch „Do giiget’s wunderbar“ und auf Französisch sagt man „C’est le ton qui fait la musique“ und meint damit die Art, wie wir miteinander umgehen.

Aber nicht nur einzelne Wörter unserer Sprache sind der Musikwelt entnommen. Unsere Sprache insgesamt ist ähnlich wie die Musik organisiert und aufgebaut. Jeder hier drin hört, dass ich kein ursprünglicher Laufentaler bin, sondern – wenn ich vorher schon von den Singvögeln gesprochen habe – ein aus dem Osten zugezogener Wandervogel, ob Nachtigall oder Krähe überlasse ich Ihrem Musikgehör…

Das Geniale der Musik liegt wohl daran, dass sie zwar nicht jeder x-beliebige produzieren kann, dass sie aber von nahezu allen verstanden wird. Französisch, Chinesisch und Suaheli verstehe ich nur, wenn ich diese Sprachen gelernt habe.

Nicht so in der Musik. – Warum ist dies so?

Musik spricht uns ohne Worte an. Sie kann in uns Freude, Lebenslust, Optimismus und gute Stimmungen ebenso wecken, wie Nachdenklichkeit und Trauer. Musik wird darum auch in solchen Augenblicken der Gefühle gespielt, an der Erstkommunion, am Muttertag, an runden Geburtstagen, bei Siegerehrungen, zum Tanz an einer Hochzeit ebenso wie bei Beerdigungen.

Und die innere Feder, welche die Musik in uns berührt, wird nicht durch Zufall berührt. Denn die Musik ist in den meisten Fällen kein Zufallsprodukt. Es gibt eine Komposition und dann eine Interpretation durch Musikerinnen und Musiker. Und das Musizieren ist kein Kinderspiel, es will geübt sein, das wissen alle Musizierenden in diesem Saal. Und erst wenn das Zusammenspiel so richtig klappt, wenn’s groovt, dann sagen wir: „Das isch Musig!“

Liebe Festgemeinschaft,

An einem runden Geburtstag blickt man gerne auf eine Geschichte zurück. Im Falle des Musikvereins Blauen ist dieser Blick zurück sogar besonders einfach. Der Verein verfügt nämlich über eine zweiteilige Chronik: eine von 1914-1964 (zum 50-Jahr-Jubiläum geschrieben) und eine von 1965-2014. Das Besondere an dieser Chronik ist, dass Peter Meury-Saner, ehemaliger Gemeindeschreiber von Blauen und  Laufen, beide Teile im Abstand von 50 Jahren geschrieben hat. Besonders ist auch sein Blick auf die Musikgesellschaft Blauen: Ein Blick fürs Wesentliche und ein Blick voller Sympathie, die wir hier gerne teilen. Ich empfehle Ihnen die Lektüre dieser Chronik wärmstens, sie lohnt sich! Hier ein paar Beispiele aus der Sammlung von Erinnerungen, Ereignissen und Kuriositäten:

Ein paar Beispiele:

  • Pfarrer und Lehrer:

Nicht unerwartet spielten Lehrer und Pfarrherren in der Gründerzeit eine wichtige Rolle: Die Gründung des Musikvereins Blauen im Jahr 1914 ging ursprünglich auf die Initiative des damaligen Dorfpfarrers Armand Meyer zurück. Und 1932 übernahm Pfarrer Bürge die Gestaltung der ersten Vereinsfahne. Heute würde man sagen: Pfarrherren als Musikpromotoren und Grafiker! Allerdings war das Verhältnis zur Kirchlichkeit nicht immer so positiv: Als der Verein 1961 sich eine neue Vereinsfahne beschaffte, verweigerte der Pfarrer/Grafiker der ersten Fahne der neuen Fahne seinen Segen, worauf der Musikverein mehrere Jahre lang an keinem kirchlichen Fest mehr spielte. Seitens der Lehrer spielten Persönlichkeiten wie Jules Cueni oder Leo Jermann, er als Dirigent während sage und schreibe 25 Jahren!, für die musikalische Entwicklung des Vereins eine zentrale Rolle.

  • Zum Thema: „Früher war alles besser – oder auch nicht.“

1921 führte der junge Verein den 8 Laufentaler Musiktag durch. Es kamen gemäss Chronik, Tausende Besucher nach Blauen auf die Leimbank. Das Fest gelang, mit der Bewertung des eigenen Musikvortrags waren einzelne Musikanten weniger einverstanden: Bei der Preisverleihung zerrissen mehrere Musiker von verschiedenen Musikvereinen den Kranz auf offener Bühne und schickten aus Protest gegen die ungenügende Bewertung den Kranz per Post dem Festpräsidenten zurück. Immerhin kann man sagen, dass sich der Musikverein Blauen korrekt benahm: sein Kranz existiert immer noch, und zwar unbeschadet!

  • Schwierige Momente

Die Geschichte des Musikvereins Blauen ist insgesamt eine Erfolgsgeschichte. Dennoch gab es auch schwierige Momente:

„Der Verein ist in einer echten Krise. Man diskutiert um Banalitäten statt zu musizieren. Die Proben werden immer schlechter besucht und bei öffentlichen Auftritten fehlt oft die Hälfte der Musikanten.“ (1968)

„Trotz der neuen Uniform sind  der schlechte Probenbesuch und der grosse Mitgliederschwund das ganze Jahr ein akutes Thema.“ (1971)

„Nachwuchssorgen beschäftigen den Vorstand durch das ganze Jahr.“ (1972)

„Es war ein ganz schwieriges Jahr und vor allem durch schlechten Probenbesuch geprägt“ (1990)

„Im Verlaufe dieses Jahres bilden der schlechte Probenbesuch und das zu wenig Üben ausserhalb der Proben die Hauptthemen.“ (1994)

 

Es gäbe noch Weiteres zu erzählen, z.B. die Öffnung des Vereins für Frauen, die ab 1965, noch 6 Jahre vor der gesamtschweizerischen Einführung des Frauenstimmrechts,  aktive Mitglieder werden konnten.

Oder die Einführung eines Rauchverbots während den Proben im Jahre 1967, und und und …

Abgesehen von dieseneher punktuellen Ereignissen fälltin der Geschichte des Musikvereins BlauenFolgendes auf:

Von der Gründung bis heute hatte der Musikverein markante und prägende Persönlichkeiten in seinen Reihen. Das waren z.T. Dirigenten, z.T. Musikanten mit besonderen musikalischen Fähigkeiten, aber auch solche, die im Verein durch andere Talente, als Organisatoren, als Schreiner oder Zimmermann, als Allrounder sozusagen, eine wichtige Funktion einnahmen. Wer die Jubiläumsschrift liest, wird vielen solchen Talenten begegnen.

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